Nahost-Politik der USA: Hat Trump eine Lunte gezündet?

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Der US-Präsident verkündet, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und sticht damit in ein Wespennest. Im Nahen Osten drohen turbulente Wochen, die Welt geht auf Distanz zu Trump.

Selbst das US-amerikanische Außenministerium hat die Brisanz der eigenen Politik erkannt. Es rät seit einigen Stunden davon ab, Israel oder das Westjordanland zu bereisen. Der Grund dafür ist eine weltweit kritisierte Entscheidung des eigenen Präsidenten: „Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass es Zeit ist, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen", verkündet Trump am Mittwochabend im Weißen Haus. Er sieht in diesem Schritt eine „Anerkennung der Realität", die „lange überfällig" war. In absehbarer Zeit soll die Verlegung der Botschaft aus Tel Aviv folgen.

Die USA sind damit weltweit das erste Land, das Israel bei der Anerkennung seiner Hauptstadt folgt. Der arabisch geprägte Osten Jerusalems wurde 1967 im Sechstagekrieg von Israel erobert und 1980 offiziell annektiert. Nach Mitteilung des Zentralen Israelischen Statistik-Büros leben in der gesamten Stadt 866 000 Menschen, darunter 542.000 Juden und 323.700 Araber. In Ost-Jerusalem, um das sich der Streit dreht, sollen heute bereits über 200.000 israelische Siedler wohnen sowie etwa 300.000 Palästinenser.

Trump könnte die Lunte an ein Pulverfass gelegt haben

Der Status von Jerusalem hat im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern eine enorme Symbolik. Das Brisante an Trumps Entscheidung ist, dass die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt die Besetzung Palästinas faktisch rechtfertigt. Die internationale Gemeinschaft befürchtet, dass auf diese Weise die angestrebte Zwei-Staaten-Lösung unmöglich und den Palästinensern die Perspektive für eine friedliche Lösung des Konflikts genommen wird. Die gesamte Region könnte so politisch empfindlich destabilisiert werden.

Die ersten Rektionen aus der Region zeigen, dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist. Die radikale Hamas hat kurz nach Trumps Entscheidung dazu aufgerufen, eine „neue Intifada für die Befreiung Jerusalems" zu starten. Bei dem ersten Palästinenser-Aufstand zwischen 1987 und 1993 starben fast zweieinhalbtausend Menschen, bei der zweiten Intifada zwischen 2000 und 2005 sollen sogar 4500 Palästinenser und Israelis ihr Leben verloren haben.

Die USA haben sich international politisch isoliert

Auf internationaler Ebene hat sich Trump mit seiner Entscheidung politisch isoliert. Außer in Israel stieß der US-Präsident weltweit nur auf Kritik. Frankreichs Präsident Macron warf Trump vor, sich außerhalb des internationalen Rechts zu stellen. Der UN-Sicherheitsrat hat für Freitag eine Sondersitzung ausgerufen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres unterstrich dabei noch einmal die Position der Weltgemeinschaft: Demnach könne der Status Jerusalems nur in direkten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien selbst geklärt werden. Er sehe außerdem „keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung" mit "Jerusalem als Hauptstadt von Israel und von Palästina".