Bundestagswahl: Mögliche Koalitionen
Um 18:00 schlossen die meisten Wahllokale. Mit den Hochrechnungen beginnt auch das Koalitionsrechnen. Welche Koalitionen sind jetzt möglich und was denken die Spitzenkandidaten zu ihren Möglichkeiten?
Statistiker rechnen damit, dass der Bundestag auf 730 Sitze anwachsen wird. Somit wäre eine Mehrheit bei 366 Sitzen erreicht.
SPD sieht sich als Wahlsieger
Die SPD kann sich als Wahlsieger sehen: Mit über 25 Prozent liegt sie deutlich über früheren Ergebnissen. Laut der letzten Hochrechnung um 23:36 würde sie mit diesem Ergebnis 205 Sitze im neuen Bundestag erhalten. Damit wäre sie stärkste Kraft und könnte in verschiedenen Koalitionen regieren. Die derzeit wahrscheinlichste dieser Koalitionen ist wohl die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen. Mit den 116 Sitzen der Grünen und den 91 Sitzen der FDP hätte diese Koalition eine komfortable Mehrheit von 412 Sitzen. In der Berliner Runde der Spitzenkandidaten zeigte Olaf Scholz sich offen für eine solche Koalition, betonte jedoch dass die Ziele der SPD im Mittelpunkt stehen und es noch zu früh sei, Ansagen zu möglichen Regierungen zu machen.
CDU/CSU glauben an einen Regierungsauftrag
Armin Laschet sieht sich und die Union ebenfalls in der Lage eine Regierung zu bilden. Das Ergebnis ist zwar das Schlechteste, das die CDU/CSU jemals bei einer Bundestagswahl erzielt hat, es reicht jedoch trotzdem für ein Dreierbündnis. Mit 194 Sitzen könnte auch die Union gemeinsam mit Grünen und FDP eine Mehrheit erlangen. Mit 401 Sitzen hätte auch diese Koalition eine solide Mehrheit. Armin Laschet zeigte sich schon in seiner ersten Rede kurz nach Ende der Wahl, bereit zu Sondierungen mit beiden Parteien.
Die Grünen entscheiden doch noch über den Kanzler
Die Grünen erzielten ein zwiespältiges Ergebnis. Einerseits liegen sie mit 14,5% höher als jemals zuvor bei einer Bundestagswahl, andererseits konnten sie sich zwischenzeitig sogar Hoffnungen aufs Kanzleramt machen, welches sie letztendlich weit verfehlt haben. Die Rolle die sie nun spielen ist allerdings trotzdem groß. Die Partei um Annalena Baerbock kann, gemeinsam mit der FDP den nächsten Kanzler bestimmen. Nur wird er Scholz oder Laschet heißen. Baerbock legte sich in der Berliner Runde nicht fest und betonte, dass die nächste Regierung eine "Klimakoalition" sein müsse. Im Wahlkampf hatte sie jedoch kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie ein Bündnis mit der SPD vorzieht.
Welche Koalitionen sind mit der FDP möglich?
Auch die FDP konnte sich freuen: Zum zweiten Mal in Folge hat sie es auf ein zweistelliges Ergebnis geschafft. Besonders bei Erstwählern war sie diesmal beliebt, auf die FDP entfielen die meisten Stimmen in diesem Segment. Ähnlich wie die Grünen wird auch die FDP an einer Regierung beteiligt sein müssen, wenn nicht wieder eine große Koalition regieren soll. Christian Lindner gab sich in der Berliner Runde selbstbewusst. Er betonte, dass er die meisten Gemeinsamkeiten mit der Union sehe und bot den Grünen an, zuerst zu zweit in Verhandlungen zu gehen. Nach der letzten Wahl hatte Lindner eben dieses Bündnis allerdings in letzter Minute platzen lassen, was letztendlich zur Erneuerung der großen Koalition führte.
Weitere Ergebnisse
Linke und AfD verloren beide bei der Wahl. Die Linke jedoch so deutlich, dass zwischenzeitlich nicht sicher war, ob sie es überhaupt ins Parlament schafft. Durch dieses schwache Ergebnis wird auch eine rot-rot-grüne Koalition unmöglich. Mit den 39 Sitzen der Linken würde sie nur auf 360 kommen. Für eine Mehrheit reicht das nicht. Die AfD kommt nach den Verlusten noch auf 84 Sitze. Keine der anderen Parteien hatte eine Koalition mit den Rechtspopulisten in Betracht gezogen. Die Parteien, die im neuen Bundestag vertreten sein werden, sind also die gleichen wie im alten. Mit einer besonderen Ausnahme: Eine Kleinstpartei aus Schleswig-Holstein konnte sich einen Sitz sichern. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) musste die 5% Hürde nicht erreichen, da er von einer Sonderregelung für Parteien nationaler Minderheiten profitiert. Die Dänen in Schleswig-Holstein und Sorben in Brandenburg und Sachsen etwa zählen zu diesen Minderheiten, die im Wahlrecht besonders geschützt sind.