Chemische Aura: Menschen reagieren stärker mit Umgebungsluft als angenommen

Jeder Mensch ist von einer ganz individuellen Wolke aus Chemikalien umgeben. Die reagiert laut einer neuen Studie stärker mit der Umwelt als bisher angenommen. In der Reaktion mit der Umwelt können so bisher unbekannte Schadstoffe entstehen.

Wir senden ständig chemische Emissionen aus. (Bild: Getty Images)
Wir senden ständig chemische Emissionen aus. (Bild: Getty Images) (Getty Images/iStockphoto)

Auch wenn wir es nicht sehen können: Unsere Umgebung gibt ständig Chemikalien in Form von Gasen ab. Nicht nur draußen, sondern auch in Innenräumen. Sie breiten sich von Möbeln, Lebensmitteln und Putzmitteln aus. Und auch wir Menschen senden ständig chemische Signale aus: Gase, die beim Atmen entstehen. Oder Fette und Öle der Haut. Oder mikrobiotische Mitbewohner in unserem Körper. Und diese Emissionen reagieren mit den Molekülen der Umwelt.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie fanden nun heraus, dass die "menschlichen" Chemikalien viel stärker mit den molekularen Ausscheidungen der Umwelt reagieren als bisher angenommen. Und dass sich dabei um jeden Menschen herum eine Art Wolke reaktiver Chemikalien bildet – ganz ähnlich wie die energetische Aura, die laut esoterischen Strömungen jeden Menschen umgibt.

Jeden Menschen umgibt eine reaktive chemische Atmosphäre

Die Wissenschaftler um die Chemikerin Nora Zannoni wollten in einem Versuch herausfinden, wie die menschlichen chemischen Emissionen in Innenräumen abgebaut werden. Im Freien erledigt dies schließlich der Regen oder chemische Oxidationen. Vor allem Hydroxyl-(OH)-Radikale tun sich hier hervor. Die reaktionsfreudigen Moleküle werden als "Waschmittel der Atmosphäre" bezeichnet. Sie entstehen vor allem durch die Wechselwirkung von UV-Licht mit Ozon und Wasserdampf.

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Doch wie sieht das in geschlossenen Räumen aus, wo UV-Licht Mangelware ist? Dies wollte Zannonis Team feststellen, indem sie vier Menschen in eine spezielle Klimakammer an der Technischen Universität Dänemark in Kopenhagen steckte. Die Testpersonen wurden dort einer ungefährlichen Dosis Ozon ausgesetzt. Und siehe da: Das Ozon reagierte auch ohne direktes Sonnenlicht. Beim Kontakt zwischen den menschlichen Ausdünstungen und dem Ozon entstanden ebenfalls Hydroxyl (OH)-Radikale. Um die Testpersonen bildete sich eine chemische "Aura" aus – ein Oxidationsfeld, das uns wie eine Atmosphäre umgibt.

Vor allem die ungesättigte Fettsäure Squalen erwies sich als besonders reaktionsfreudig mit dem Ozon. Sie ist im Talg der menschlichen Hautdrüsen enthalten. In Kontakt mit Ozon bildeten sich im Experiment Keton 6-Methyl-5-hepten-2-on (6-MHO).

Auswirkungen der Reaktionen auf die Gesundheit noch unbekannt

Das problematische an der Sache: Bisher ist noch nicht erforscht, welche Wechselwirkungen diese Oxidationsprodukte aus der chemischen "Aura" mit der Umwelt haben. "Wir müssen die Chemie in Innenräumen überdenken, denn die Oxidationsfelder, die wir selbst erzeugen, verändern auch viele Chemikalien in unserer direkten Umgebung", warnt Jonathan Williams vom Max-Planck-Institut für Chemie.

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Denn die Emissionen von Gegenständen und Materialien wurden bisher nur im Labor untersucht, ohne sie mit menschlichen Körpern zu konfrontieren. Jonathan Williams: "Es entsteht eine Vielzahl von Produkten direkt in unserer Atemzone, deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit noch unbekannt sind."

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