Leopoldina: Kinder leiden stark unter Schulschließungen

In einer neuen Stellungnahme fordert die Wissenschaftsakademie Leopoldina eine bessere Unterstützung von Kindern und Jugendlichen und ein Ende von Schulschließungen. Die Verluste durch Corona sind groß.

Mädchen in Schule mit Maske
Mädchen in Schule mit Maske (Westend61 via Getty Images)

Die Bilanz der Corona-Pandemie fällt äußerst negativ aus. Die beiden Lockdowns hätten jeweils in etwa den Effekt von Sommerferien, also eine Stagnation oder sogar einen Rückgang der Kompetenz, so die Wissenschaftsakademie Leopoldina. Dabei hatten die Kinder aber keine Möglichkeit, sich so zu entspannen, wie es in den Sommerferien der Fall gewesen wäre. Seit Anfang der Pandemie klagen Kinder häufiger über Hoffnungslosigkeit, Angstzustände und depressive Symptome. Wörtlich steht in der Studie, die Schließungen hätten einen "erheblich negativen Effekt". Für einige Kinder werde die Pandemie auch mittel- und langfristig zu Problemen führen, gerade bei den kleinsten seien die Folgen noch nicht abzusehen.

Präsenzunterricht kann kaum ersetzt werden

Mit ihrer Stellungnahme positioniert sich die Akademie auch gegen Gesundheitsminister Jens Spahn. Erst am Samstag sagte dieser, Wechselunterricht und neue Schließungen seien im Herbst und Winter sehr wahrscheinlich. Die Wissenschaftler hingegen fordern, Präsenzunterricht so umfangreich wie möglich aufrechtzuerhalten. Sie fordern außerdem einen Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen, um die Qualität des Online-Unterrichts zu verbessern. Regelmäßiges Feedback sei beispielsweise ein entscheidender Faktor für die Effektivität und derzeit kein systematischer Teil der digitalen Lehre.

„Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich weiter geöffnet“

Die Leopoldina sieht besonders bei den Themen Sprach- und Bewegungsförderung sowie der psychosozialen Unterstützung große Defizite. Kinder in Deutschland bewegen sich zu wenig und auch sprachlich hinken gerade sozial Schwächere hinterher. „Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich während der ersten coronabedingten Schulschließungen noch weiter geöffnet“, sagte Prof. Andreas Frey, einer der Autoren. Trotzdem stellt die Leopoldina auch kleine Fortschritte fest: Die digitale Lehre war im zweiten Lockdown schon effektiver als im ersten. Außerdem könne die gezielte Weiterentwicklung von psychosozialer und digitaler Infrastruktur an Schulen Pandemiefolgen abmildern, sodass viele Kinder keine langfristigen Defizite davontragen müssten.