Sports Illustrated zeigt das erste Model mit Kaiserschnittnarbe - die Reaktionen sind überwältigend

Ein Model mit Kaiserschnittnarbe in einem Hochglanzmagazin? Vor einiger Zeit noch undenkbar. Doch die Zeiten ändern sich zum Glück. Sports Illustrated zeigt mit Kelly Hughes das erste Model, das seine Kaiserschnittnarbe nicht unter dem Bikini versteckt, sondern offen zur Schau stellt.

Die Models, die für Sports Illustrated vor der Kamera stehen, haben in der Regel einen perfekten Körper (Symbolbild: Getty Images)
Die Models, die für Sports Illustrated vor der Kamera stehen, haben in der Regel einen perfekten Körper (Symbolbild: Getty Images) (IvanMikhaylov via Getty Images)

Das Model Kelly Hughes zeigt ihre Kaiserschnittnarbe auf einem Foto der Sports Illustrated und schickt damit die richtige Botschaft an alle Frauen und Mütter. Nämlich, ihren Körper so zu lieben, wie er ist. Auch mit seinen vermeintlichen Macken.

Dies ist nicht der erste Versuch von Sports Illustrated, bisherige Tabus zu brechen und für mehr Diversität und Akzeptanz zu sorgen. Bereits 2016 präsentierte das Magazin sein erstes Plus-Size-Covergirl, Ashley Graham. Ebenfalls revolutionär: 2019 war Halima Aden das erste Model, das im Magazin mit einem Hijab erschien. Und 2020 erschien Valentina Sampaio als erstes offen transsexuelles Model in der Ausgabe.

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Und nun präsentierte Kelly Hughes in der Badeanzug-Edition sichtbar stolz ihre Kaiserschnittnarbe. Mit einem strahlenden Lächeln zieht sie ganz kess und selbstbewusst ihr Höschen ein wenig herunter, um die Narbe über ihrem Schambereich zu enthüllen. Ein Appell an alle Frauen!

Die Reaktionen auf Instagram sind überwältigend. "Was für eine Königin", schreibt eine Frau in den Kommentaren. "Ja! Ich bin stolz auf meine Kaiserschnittnarbe und die Geschichte, die dahinter steht", sagt eine andere. "Was für eine wunderschöne Darstellung einer Mutter!", schwärmt eine weitere Kommentatorin.

Die traditionelle Erzählung über den perfekten Frauenkörper

Doch so selbstbewusst konnte das Model nicht immer mit ihrer Narbe umgehen. In einem Instagram-Post, in dem sie das Foto mit ihren Followern teilte, schildert Hughes, die ihren Sohn vor drei Jahren per Kaiserschnitt zur Welt brachte, ihre Gefühle. "Ich kämpfte mit Unsicherheit, gerade weil ich ein Model bin, aber erst, als ich meine Narbe annahm, erlebte ich die wahre Kraft dahinter", schrieb sie.

Hughes ist nicht die Einzige, die gemischte Gefühle bezüglich ihres Kaiserschnitts hat. Laut den neuesten Forschungsergebnissen der Weltgesundheitsorganisation nehmen Geburten per Kaiserschnitt weltweit zu und machen mittlerweile mehr als eine von fünf (21 Prozent) aller Geburten aus. In den USA bringt fast ein Drittel der Gebärenden ihre Babys per Kaiserschnitt zur Welt.

Schuld und Scham für den eigenen Körper

Ungeachtet dessen, wie häufig das Verfahren angewendet wird, bleiben viele Menschen nach einem Kaiserschnitt mit Schuldgefühlen oder Scham zurück, insbesondere wenn es ihre Absicht war, eine vaginale Entbindung zu haben. Wie Sports Illustrated auf seiner Website feststellt, tut "das kulturelle Missverständnis, Kaiserschnitte als 'den einfachen Ausweg‘ zu bezeichnen", auch sein Übriges dazu, dass Frauen sich damit schlecht fühlen.

Dann ist da noch die körperliche Scham, die viele noch Jahre später wegen ihrer sichtbaren Narben empfinden, so Carla Korn, Psychotherapeutin und Expertin für Körperbilder in Westlake Village, Kalifornien. "So viele Frauen fühlen sich unwohl, wenn ihre Narben zur Schau gestellt werden, und versuchen, sie zu verstecken", sagte sie gegenüber der HuffPost. Korn glaubt, dass der Anblick einer Kaiserschnittnarbe in der Sports Illustrated "hilft, Frauen nach der Geburt die Botschaft zu vermitteln, dass ihre Narbe nichts ist, wofür man sich schämen muss".

Postpartale Körper sollten normalisiert werden

Melissa Weinberg, Psychotherapeutin in eigener Praxis, die sich auf die Behandlung von Angst- und Zwangsstörungen, insbesondere während der Schwangerschaft und in der Zeit nach der Geburt, spezialisiert hat, wünscht sich hingegen, dass das Magazin noch weiter gegangen wäre. "Es ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber es ist schwer, sich zu sehr für Fotos zu begeistern, die jeden anderen Aspekt von unerreichbaren Schönheitsidealen darstellen. Dies verstärkt bei den meisten Frauen das Gefühl, sich nach der Geburt wie Müll zu fühlen", sagte sie der HuffPost.

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So schön das Foto auch ist, es tue ansonsten nicht viel, um die Norm zu stören, dass "dünne weiße cis-blonde Frauen" für ihre Schönheit verehrt werden, fügte sie hinzu. "Wird das der neue Standard dafür sein, wie Körper nach der Geburt aussehen sollten? Wird sich eine Frau, die abgesehen von ihren gemeinsamen Kaiserschnittnarben in den meisten Fällen nicht wie dieses Model aussieht, im Vergleich dazu noch schlechter fühlen, wenn es um ihren Körper nach der Geburt geht?", fragte sie. "Diese Fotos sind wirklich cool, aber nicht genug", fügte sie hinzu. "Wir brauchen mehr Diversität und Inklusion."

"Eine Kaiserschnittnarbe sollte so normal sein wie Sommersprossen"

Davon abgesehen, sagte Weinberg, sei es immer erfrischend zu sehen, wie Kaiserschnitte normalisiert werden. "Ich hoffe, dass diese Fotos jedem, der sie betrachtet, einschließlich Männern, die Botschaft vermitteln, dass Kaiserschnitte und die Spuren, die sie hinterlassen, unglaublich häufig sind und nicht zu verbergen, sondern zu feiern seien, als etwas so Normales wie Sommersprossen", sagte sie.

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