Wieler und Spahn rufen zum Handeln auf

Es sei fünf nach zwölf in der Corona-Pandemie. Gesundheitsminister Jens Spahn und Lothar Wieler, der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), rufen zum sofortigen Handeln auf.

Die Neuinfektionen gehen nicht zurück – im Gegenteil. Das bereitet den Experten große Sorgen, denn wir stehen kurz vor der Überlastung des Gesundheitssystems. "Wir müssen jetzt handeln und damit Menschenleben retten", forderte Lothar Wieler während der Bundespressekonferenz in Berlin. Die Lage in den Krankenhäusern spitze sich zum Teil dramatisch zu, so der RKI-Chef.

Die Intensivstationen sind fast voll

Die Anzahl der Patienten, die auf ein Bett in der Intensivstation angewiesen sind, steige kontinuierlich, fuhr Wieler fort. Es gebe kaum noch freie Intensivbetten, während einige Stationen ihren Betrieb zusätzlich einschränken müssen. Der Grund: Personalmangel. Außerdem betonte Wieler, dass zunehmend jüngere Menschen aufgrund eines schweren Covid-Verlaufs klinisch behandelt werden müssen. Daran sei auch die stark ansteckende Virus-Mutante B.1.1.7 Schuld. Sie mache derzeit 90 Prozent der Viruserkrankungen aus. Ebenso dürfen wir nicht die Langzeitfolgen von "Long-Covid" vernachlässigen, die jeden zehnte Erkrankten betreffen.

Wieler rät daher zu weiteren Kontaktreduktionen und warnt vor Öffnungsschritten in der Wirtschaft. Zuerst müsse die dritte Welle gebrochen werden. Auf einem vermeintlichen Impferfolg von 17 Prozent der deutschen Bevölkerung dürfe man sich auch nicht ausruhen. "Der Großteil der Bevölkerung ist eben nicht geimpft", so Wieler. Gleiches gilt für das vermehrte Testen. Schließlich könne man das Virus nicht "wegtesten".

Jens Spahn fordert weitere Einschränkungen

"Was wir jetzt versäumen, rächt sich in zwei bis drei Wochen. Genauso wie sich jetzt rächt, was vor zwei, drei Wochen nicht entschieden wurde", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur aktuellen Lage. Er fordert, dass die Bundesländer umgehend handeln und schärfere Einschränkungen einsetzen. Jeder Tag zähle. Wir hätten keine Zeit, um bis Mitte nächster Woche auf das neue Infektionsschutzgesetz zu warten, so der Gesundheitsminister. Auch er betont, dass das Impfen und Testen nicht reichen, um die dritte Welle aufzuhalten.

Weitere Experten melden sich zu Wort

Christian Karagiannidis, der medizinisch-wissenschaftliche Leiter des DIVI-Intensivregisters, sagte dem Tagesspiegel gegenüber: "Wir können es uns nicht leisten, noch wochenlang zu diskutieren." Auch Uwe Janssens, der frühere Präsident der Vereinigung, ruft dazu auf, bundesweit eine einheitliche Strategie zu verfolgen und zu handeln. "Wir haben fünf nach zwölf", so Janssens. Die jetzige Entwicklung hätte nicht stattgefunden, wären die Maßnahmen vor Wochen flächendeckend durchgesetzt worden.

Die Warnung von RKI-Chef Wieler sehen Sie auch im Video.